Hinaus in unbekannte Weiten des Kosmos - Beobachtung des Quasars KUV 18217+6419 mit 254/1000mm Newton  -  von Jan Beckmann

Dieser Beobachtungsbericht handelt von meiner allerersten Beobachtung eines quasistellaren Objektes (QSO), kurz Quasar genannt. Dieses lang ersehnte Vorhaben konnte durch besonders gute Beobachtungsbedingungen und intensive Zusammenarbeit mit Nikolai Buchholz und Nikolaj Steinkohl im Rahmen des Astronomischen Sommerlagers (ASL) 2018 in Heubach/Thüringen realisiert werden. Nach einer Suche passender Objekte, vor allem im Bezug auf Helligkeit im V-Band, sowie eine besonders hohe Position über dem Horizont, fiel die Wahl auf den Quasar KUV 18217+6419. Die Eckdaten zum Objekt können und zur Beobachtung können nebenstehender Tabelle entnommen werden.

 

OBJEKTDATEN

 

 

Typ: QSO

 

Katalogbezeichnung: KUV 18217 +6419

 

Helligkeit (V-Band): 14.24 mag

 

Abs. Helligkeit: -26.50 mag (Angaben variieren leicht)

 

RA (J2000): 18h21m57.20s

 

DEC: +64°20‘36.0‘‘

 

Sternbild: Drache (Draco)

 

Rotverschiebung z: 0.297

 

 

 

 

BEOBACHTUNGSDATEN

 

 

 

Datum/Zeit (GMT+1): 06.-07. Aug 2018 ~23:00 Uhr - ~2:30 Uhr

 

LST (gemittelt): ~22:00

 

Beobachtungsort: Heubach/Masserberg (Thüringen, Deutschland)

 

geograph. Koord. (50.51°N 10.93°E)

 

Seeing (1-6): 1.5

 

Teleskop/Equipment: Skywatcher Quattro 10CF (254/1000mm)

 

auf AZ-EQ6-GT

 

 

 


Der Beobachtungsort selbst, eine sehr unebene und leicht abschüssige Wiese neben der Sternwarte des Schullandheimes Heubach, brachte viele Herausforderungen mit sich. Der Aufbau, genaue Justierung und Polaralignment der Montierung wurden dadurch erheblich erschwert. Diese Probleme konnten aber nach einiger Geduld und einem aus Versehen gezogenem Stromkabel der Steuereinheit überwunden werden, sodass ab ca. 23:00 Uhr zusammen mit Nikolaj mit der Suche nach KUV begonnen werden konnte. Am Tag vorher haben wir uns bereits einige Aufsuchkarten (Widefield bis Detailansicht) mithilfe von Stellarium und dem Interstellarum DeepSky Atlas erstellt (siehe Abb. 1 bis 3), sodass sinnvoll Star-Hopping betrieben werden konnte.

 

Ein guter erster Orientierungspunkt ist der Katzenaugennebel (NGC 6543). Dieser kann bequem mit der GoTo-Montierung angefahren werden und ist direkt im Bildfeld des 24mm-Okulars zu sehen. Ca. 1.5° bis 2° unterhalb und 20 min. links davon befinden sich zwei relativ helle Sterne (5 mag): 42Dra und 36Dra (siehe Abb. 1).

 

Abb.1: Übersichtskarte, erstellt mit Stellarium (nachbearbeitet)


Ca. 5 min links und 10° unterhalb von 36Dra befindet sich eine markante, dreieckige Sternstruktur mit HIP 89867 (7.3 mag) an der Spitze.

 

Diese Struktur wurde rot unten rechts im Bild markiert. Wenn man die Spitze des Dreiecks um etwa 10 Bogensekunden verlängert (siehe roter Pfeil, Abb. 2) gelangt man zu einer weiteren Sternformation. Sie besteht aus mindestens 5 Sternen und ähnelt dem Sternbild Cassiopeia (siehe Abb. 3).

 

 

Abb.2: Detailliertere Aufsuchkarte mit gekenntzeichneten markanten Sternformationen, erstellt mit Stellarium (nachbearbeitet)


Spätestens hier sollte auf kurzbrennweitige Okulare umgestiegen werden. Nach einer kurzen Übersicht im 11mm-Okular haben wir zu einem 4.7mm-Okular gewechselt. Dort sind vier Sterne deutlich direkt zu erkennen. Der Mittlere (Spitze im Inneren des Ws) ist der gesuchte Quasar bei 14.2 mag, welcher mit Anstrengung direkt beobachtet und mit Leichtigkeit indirekt gehalten werden kann. Die Identität des Objekts ist nach mehrmaligem Vergleich mit Sternenkarten eindeutig zu bestätigen. In unmittelbarer Nähe des Objekts blitzt indirekt immer wieder ein kleiner Stern mit ca. 15 mag auf (als Objekt 2 bezeichnet), welcher in Stellarium nicht verzeichnet ist. Oberhalb ist ein weiterer Stern zu sehen (Objekt 1), welcher mit 14.6 mag in Stellarium verzeichnet ist. Im Programm auffallend ist seine sehr blaue Farbe (B-V Farbindex von -0.34). Aus Interesse und zum Vergleich der beobachteten Region mit vorhandenen Aufnahmen, habe ich die Datensätze des Sloan Digital Sky Surveys (SDSS9) in Aladin aufgerufen (siehe Abb. 4).

 

 

 

Abb.3: Detailkarte der Umgebung des Objektes mit vis. Magnitude nach SDSS9-Survey, erstellt mit Stellarium (nachbearbeitet)


Dort kann der in Stellarium fehlende Stern (Objekt 2) sicher links unterhalb des Quasars identifiziert werden. Außerdem sieht man sehr deutlich, dass der andere Stern rechts oberhalb vom Quasar wie in Stellarium angegeben tatsächlich sehr blau ist. Ein kurzer Check in Topcat bestätigt das mittlere Objekt als den gesuchten Quasar KUV 18217+6419. Es wäre sicherlich eine sehr interessante Aufgabe, den eigenartigen blauen Stern, welcher hier erkennbar in einem ebenfalls bläulich leuchtenden Nebel (Reflexionsnebel?) liegt, mithilfe von Virtual Observatory (VO) Tools wie Topcat/Aladin nochmals genauer zu untersuchen. Damit könnte man wahrscheinlich auf dessen Eigenschaften bzw. Besonderheiten, die sich aus der extremen Farbe ergeben, schließen.

 


Insgesamt lässt sich diese Beobachtung als meine erste erfolgreiche visuelle Beobachtung eines QSOs zusammenfassen. Dieses war auch gleichzeitig mit z=0.297 das bisher am weitesten entfernte Objekt. Die Anforderungen an die Kalibration von Optik und Montierung, sowie das Finden des mit 14.24 mag sehr schwachen Objekts, waren für einen vergleichsweise unerfahrenen Amateurastronomen wie mich groß, aber zu bewältigen. Ich bedanke mich bei Nikolaj und Nikolai für die Unterstützung beim Aufsuchen, sowie in der Vorbereitung der Beobachtung.

 

Ebenfalls ausschlaggebend für den Erfolg der Beobachtung war das exzellente Seeing, sowie die sehr geringe Lichtverschmutzung am Beobachtungsort in Heubach. Diese Bedingungen standen wegen der begrenztenDauer des ASL nur temporär zur Verfügung. In Heidelberg kann man von solchen Beobachtungen mit einem Amateurteleskop ähnlicher Öffnung nur träumen.

 

Kurze Zeit später konnte ich im Rahmen meines Studiums Beobachtungszeit am 70cm f/7 RC-Teleskop der Landessternwarte auf dem Königsstuhl in Heidelberg unter Prof. Dr. Jochen Heidt bekommen. Dort eröffnete sich die Möglichkeit den Quasar noch einmal photographisch nachzuweisen (siehe Abb. 5). Das Negativ zeigt die aus dem Visuellen bekannten Strunkturen. Der Quasar ist deutlich sichtbar.

 

Abb.4: Vergleichskarte aus dem SDSS9-color Datensatz, Gesichtsfeld ca. 10*10', erstellt in Aladin (nachbearbeitet)

Abb.5: Aufnahme des Objektes (Ausschnitt), 70cm Cassegrain Teleskop der Landessternwarte, Gesichtsfeld ca. 10*10'


Ich hoffe, bis zum nächsten ASL (27.7. bis 10.8.2019) in Bischofsheim/Rhön das nötige Equipment zur Verfügung zu haben, um mit dem 10“ Newton photometrische Beobachtungen von ähnlichen Objekten durchführen zu können. Damit kann beispielsweise der Farbindex bzw. die Rotverschiebung bestimmt werden.

 

- Jan Beckmann